Sozialauswahl

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Daniel Ramirez Ziegler • Anwalt in Köln​ & Kerpen

Rechtliche Begleitung mit zielorientierter strategischer Ausrichtung

Inhalt

Ablauf der Sozialauswahl

Sofern das Kündigungsschutzgesetz (KSchG) Anwendung findet, hat der Arbeitgeber bei Ausspruch der ordentlichen betriebsbedingten Kündigung die gesetzlichen Merkmale des Auswahlverfahrens zu berücksichtigen.

Soll also ein Arbeitnehmer aus dringenden betrieblichen Erfordernissen gekündigt werden, so muss der Arbeitgeber diesen anhand der sozialen Auswahl bestimmen.

Der Sozialauswahl kommt somit eine sogenannte Individualisierungsfunktion zu.

Sobald mehr Arbeitnehmer als Arbeitsplätze vorhanden sind, ist eine soziale Auswahl nach § 1 Abs. 2 KSchG vorzunehmen.

Das Prüfungsschema, nach dem die soziale Auswahl erfolgt, ergibt sich aus dem Kündigungsschutzgesetz (KschG).

Nach § 1 Abs. 3 KSchG sind die folgenden drei Schritte vorzunehmen:

1. Bildung eines Vergleichskreises

Zunächst müssen alle Arbeitnehmer bestimmt werden, zwischen denen die Sozialauswahl erfolgen soll.

Hierbei sind alle vergleichbaren Arbeitnehmer des gesamten Betriebs in die Auswahl mit einzubeziehen. Vergleichbar sind Arbeitnehmer, wenn sie aufgrund ihrer Kenntnisse und Fähigkeiten sowie nach dem Vertragsinhalt austauschbar sind.

Austauschbar sind Arbeitnehmer, die nach Kriterien der bisher ausgeübten Tätigkeit in der gleichen Hierarchieebene in der Lage sind, die Tätigkeit anderer Arbeitnehmer zu übernehmen.

Zugleich müssen diese Arbeitnehmer entsprechend der individualvertraglich gestalteten Regelungen auf einen anderen Arbeitsplatz per Direktionsrecht versetzt werden können.

2. Einteilung nach sozialen Gesichtspunkten

In einem nächsten Schritt sind die Mitarbeiter gemäß der sozialen Kriterien Betriebszugehörigkeit, Lebensalter, Unterhaltspflichten und Schwerbehinderung in eine Reihenfolge zu bringen.

  • Dauer der Betriebszugehörigkeit: Hierunter versteht man die Dauer der arbeitsvertraglichen Bindung zu demselben Arbeitgeber. Diesem Kriterium kommt bei der Ermittlung der Schutzbedürftigkeit eine hohe Bedeutung zu.
  • Lebensalter: Bei der Berücksichtigung dieses Auswahlmerkmals darf nicht gegen das Verbot der Altersdiskriminierung verstoßen werden. Danach darf das Auswahlkriterium Lebensalter nicht unangemessen hoch in die Bewertung einfließen.
  • Unterhaltpflichten: Nach dem Bundesarbeitsgericht sind hier lediglich familienrechtliche gesetzliche Unterhaltspflichten zu beachten. Freiwillige Unterhaltsleistungen sind von § 1 Abs. 3 KSchG nicht erfasst. Zu beachten sind ausschließlich Unterhaltspflichten, die zum Zeitpunkt der Kündigung tatsächlich bestehen.
  • Schwerbehinderung: Dieses Kriterium ist in die soziale Auswahl aufgenommen worden, um schwerbehinderte Menschen im Hinblick auf die Erschwernisse auf dem Arbeitsmarkt bei der sozialen Auswahl zusätzlich abzusichern. Eine besondere Erschwernis auf dem Arbeitsmarkt ist demnach für schwerbehinderte Menschen mit einem Grad der Behinderung von mindestens 50 sowie für Gleichgestellte mit einem Grad der Behinderung von wenigstens 30 als abwägungsrelevant eingestuft worden.

In der Regel ergeben sich die Grunddaten zu diesen sozialen Kriterien aus den Personalakten. Fehlende auswahlrelevante soziale Daten sind vom Arbeitgeber durch Befragung zu bestimmen.

3. Ausschluss bestimmter Arbeitnehmer

In einem dritten Schritt können nun sogenannte „Leistungsträger“ aus der Sozialauswahl herausgenommen werden.

Darunter fallen Arbeitnehmer, deren Weiterbeschäftigung insbesondere wegen ihrer Kenntnisse, Fähigkeiten und Leistungen oder zur Sicherung einer ausgewogenen Personalstruktur des Betriebs im berechtigten betrieblichen Interesse liegt (§ 1 III 2).

Für die Bestimmung eines Leistungsträgers muss eine Abwägung zwischen dem betrieblichen Interesse an der Weiterbeschäftigung und dem sozialen Schutzbedarf des zu kündigenden Arbeitnehmers erfolgen. Dabei muss die Weiterbeschäftigung des bestimmten Arbeitnehmers für den Betrieb des Arbeitgebers einen so gravierenden Vorteil bringen, dass es berechtigt wäre, den eigentlich nach der Sozialauswahl weniger schutzbedürftigen Arbeitnehmer (=Leistungsträger) weiter zu beschäftigen. Dem Arbeitgeber steht hier ein gewisser Beurteilungsspielraum zu. Dieser kann aber durch das Gericht überprüft werden.

Können für die Auswahlentscheidung weitere Kriterien herangezogen werden?

Nein. Die im Gesetz genannten sozialen Gesichtspunkte Betriebszugehörigkeit, Unterhaltspflichten, Lebensalter und Schwerbehinderung sind abschließend und allein maßgebend. Es können lediglich ergänzende Faktoren, die einen unmittelbaren Bezug zu den Grunddaten haben, beachtet werden.

Ist bei der betriebsbedingten Änderungskündigung auch eine soziale Auswahl vorzunehmen?

Ja. Auch bei der betriebsbedingten Änderungskündigung muss der Arbeitgeber eine Sozialauswahl nach § 1 Abs. 3 KSchG vornehmen. Allerdings sind hier bei der Bestimmung des Prüfungsschemas andere Maßstäbe in Ansatz zu bringen.

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